Laktat – oft verteufelt als "Muskelkater-Verursacher" und "Leistungshemmer". Doch was, wenn ich dir sage, dass Laktat in Wahrheit dein Verbündeter im Training ist? In diesem Artikel, basierend auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen von Performance-Experte Dr. Andy Galpin, räumen wir mit Mythen auf und zeigen dir, wie du dein Wissen über Laktat und deinen Stoffwechsel nutzen kannst, um deine Kraft, Ausdauer und Fitness auf ein neues Level zu heben

Laktat – Mehr als nur Muskelkater: Der Wahrheit auf der Spur
Viele Sportler und Fitnessbegeisterte denken bei Laktat sofort an brennende Muskeln und den ungeliebten Muskelkater. Doch das ist ein weit verbreiteter Irrtum! :
- Mythos 1: Laktat ist ein Abfallprodukt. Falsch! Laktat ist ein wichtiges Zwischenprodukt im Energiestoffwechsel und dient als schnell verfügbare Energiequelle für Muskeln, Herz und Gehirn.
- Mythos 2: Laktat verursacht Muskelkater. Falsch! Muskelkater entsteht durch kleinste Risse in den Muskelfasern (Mikrotraumata) und die damit verbundene Entzündungsreaktion – Laktat ist hier nicht der Übeltäter.
- Die Wahrheit: Laktat ist ein wertvoller Brennstoff, der in den Muskelzellen und anderen Organen effizient zur Energiegewinnung genutzt wird. Dein Körper verfügt sogar über ein ausgeklügeltes Laktat-Shuttle-System, um Laktat optimal zu verwerten.
Die 3 Stoffwechselwege: So gewinnt dein Körper Energie
Um Laktat wirklich zu verstehen, müssen wir uns die Grundlagen der Energiebereitstellung im Körper ansehen.
1. Phosphagensystem (ATP-PCr-System): Der Turbo-Booster für maximale Kraft
- Energiequelle: Kreatinphosphat (PCr)
- Geschwindigkeit: Sehr schnell
- Dauer: Kurz (ca. 10-15 Sekunden)
- Trainingseffekt: Verbessert maximale Kraft und Power für explosive Bewegungen wie Sprints, Gewichtheben oder Sprünge.
- Beispieltraining: Maximale Sprints, Gewichtheben mit wenigen Wiederholungen.
2. Glykolyse (Anaerob): Schnelle Energie für intensive Belastungen
- Energiequelle: Glukose (Zucker)
- Geschwindigkeit: Schnell
- Dauer: Mittel (ca. 30 Sekunden bis 2-3 Minuten)
- Laktatproduktion: Ja
- Trainingseffekt: Verbessert schnelle Energiebereitstellung für hochintensive Belastungen wie Intervallläufe oder intensive Krafttrainingssätze.
- Beispieltraining: 400m Läufe, HIIT-Intervalle, Sätze im Krafttraining mit mittleren Wiederholungszahlen.
3. Oxidative Phosphorylierung (Aerob): Der Dauerläufer unter den Stoffwechselwegen
- Energiequelle: Kohlenhydrate, Fette, Proteine (mit Sauerstoff)
- Geschwindigkeit: Langsam
- Dauer: Lang (mehrere Minuten bis Stunden)
- Laktatproduktion: Gering (bei niedriger bis moderater Intensität)
- Trainingseffekt: Verbessert Grundlagenausdauer, Fettstoffwechsel und die Effizienz des Herz-Kreislauf-Systems.
- Beispieltraining: Lange, lockere Läufe, Radfahren, Schwimmen mit niedriger Intensität.
Laktatschwellen: Deine persönlichen Leistungszonen
- Deine Laktat-Leistungskurve zeigt, wie sich die Laktatkonzentration in deinem Blut bei steigender Belastung verändert. Daraus lassen sich wichtige Laktatschwellen ableiten, die dir helfen, dein Training optimal zu steuern:
Aerobe Schwelle (VT1): Die Grenze zum Fettstoffwechseltraining
- Was sie bedeutet: Intensität, bei der die Laktatkonzentration leicht ansteigt.
- Trainingsbereich: Unterhalb VT1
- Effekt: Optimal für Fettverbrennung, Grundlagenausdauer und Regeneration. Hier trainierst du deine aerobe Kapazität.
Anaerobe Schwelle (VT2): Die Grenze zur maximalen Ausdauerleistung
- Was sie bedeutet: Intensität, bei der die Laktatkonzentration stark ansteigt.
- Trainingsbereich: Um VT2 herum
- Effekt: Verbessert Laktattoleranz, VO2max und die Fähigkeit, hohe Intensitäten länger aufrechtzuerhalten. Hier trainierst du deine anaerobe Kapazität.
Trainingsstrategien für einen optimierten Stoffwechsel und Laktatverwertung
- Wie nutzt du dieses Wissen nun für dein Training?
Kontinuierliches Ausdauertraining (LSD): Die Basis für deine Fitness
- Wie: Lange, lockere Einheiten (z.B. 45-60 Minuten) unterhalb der aeroben Schwelle (VT1).
- Warum: Verbessert Fettstoffwechsel, Grundlagenausdauer, Herz-Kreislauf-System und die Laktatverwertung in langsam zuckenden Muskelfasern.
Intervalltraining (HIIT): Boost für deine VO2max und Laktattoleranz
- Wie: Wechsel zwischen hochintensiven Belastungsphasen (z.B. 30-60 Sekunden) und Erholungsphasen (z.B. 1-2 Minuten). Intensität um die anaerobe Schwelle (VT2) oder darüber.
- Warum: Maximiert VO2max, anaerobe Kapazität, Laktattoleranz und verbessert die schnelle Energiebereitstellung.
Sprintintervalltraining (SIT): Explosive Power für maximale Schnellkraft
- Wie: Sehr kurze, maximale Sprints (z.B. 30 Sekunden) mit langen Erholungsphasen (z.B. 4 Minuten).
- Warum: Verbessert Schnellkraft, Phosphagensystem und die neuromuskuläre Koordination für explosive Bewegungen. Ergänzt Ausdauer- und Intervalltraining ideal.
Praktische Tipps für dein Training
- Individuelle Trainingsplanung: Dein optimaler Trainingsplan hängt von deinen Zielen, deinem Fitnesslevel und deiner Sportart ab. Ein Marathonläufer trainiert anders als ein Gewichtheber.
- Regelmäßigkeit ist Trumpf: Kontinuität ist wichtiger als einzelne, übertriebene Trainingseinheiten. Integriere Bewegung regelmäßig in deinen Alltag.
- Herzfrequenz als Trainingsguide: Nutze einen Herzfrequenzmesser, um deine Trainingsintensität zu steuern und in den richtigen Herzfrequenzzonen zu trainieren.
- Ernährung optimieren: Achte auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Kohlenhydraten für intensives Training und genügend Protein für die Muskelregeneration.
- Erholung nicht vergessen: Schlaf, Stressmanagement und Regeneration sind genauso wichtig wie das Training selbst, um Fortschritte zu erzielen.